Deutsch-Französischer-Austausch

Die Schule ist in Frankreich als "Schule der Republik" mehr als eine reine Bildungsinstitution. Sie ist begründet in der Devise "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" sowie in der Einheit der Nation und versteht sich als eine Garantin der Werte der Republik. Die staatliche Erziehung ist vier großen Prinzipien verpflichtet: gleiche Zugangschancen, keine Diskriminierung, Neutralität und Laizität. Das öffentliche Schulsystem ist, bis auf die (geringen) Einschreibgebühren an den Universitäten, schulgeldfrei. Neben den öffentlichen Schulen besteht ein großer Privatschulbereich - die so genannten écoles libres -, der vorwiegend konfessionell gebunden ist.

Das Bildungsministerium legt die pädagogischen Leitlinien und die Lehrpläne fest und ist zuständig für die Ausbildung, die Einstellung und die Bezahlung des Lehrpersonals sowie für die Beschaffung von Unterrichtsmaterial (z. B. Computer). Die verschiedenen Gebietskörperschaften tragen die Verantwortung für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung der Schulen.

Über lange Jahre hinweg war das Schulsystem in Organisation und Aufgaben zentralisiert und hierarchisch strukturiert. Das hat sich in den 60er Jahren geändert, als der Staat entsprechende Maßnahmen treffen musste, um der deutlichen Zunahme der Schülerzahl zu begegnen, die zurückzuführen war auf die demografische Entwicklung, die Diversifizierung des Angebots sowie die politische Zielsetzung, die für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes erforderlichen Kompetenzen auszubilden.

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Frankreich eine Ganztagsschule und die Kinder werden früher eingeschult. Zudem garantiert das Gesetz Unterrichtsfreiheit, d.h. eine häusliche Beschulung ist möglich.

Die Vorschulerziehung für Kinder zwischen 2 und 6 Jahren gibt es seit 1887. Obgleich für diese Einrichtung keine Schulpflicht besteht, besuchen 99 % der Dreijährigen die école maternelle, in der die Kinder spielerisch an das Lernen herangeführt werden und vor allem auch soziales Verhalten lernen. Die "maternelle" hat sich als ein wirkungsvolles Instrument für die Integration von Kindern aus sozial benachteiligten Schichten erwiesen. Für die écoles maternelles sind die Kommunen zuständig.

Kinder im Alter von 6 Jahren kommen in die Grundschule. Die Grundschulpflicht besteht seit der Verabschiedung der Gesetze unter Erziehungsminister Jules Ferry (1881/1882). Die öffentliche Schule ist seit dieser Zeit unentgeltlich und weltanschaulich neutral. Die Grundschulzeit beträgt 5 Jahre: Die ersten drei Jahre, also cours préparatoire und cours élémentaire 1 und 2, bilden zusammen mit dem letzten Jahr der Vorschule die Phase des Erlernens der Grundfertigkeiten. Die darauf folgenden zwei Jahre (cours moyen 1 und 2) dienen dann der Wissensvertiefung. Für den Bau, die Ausstattung und die Unterhaltung der Grundschulen sind seit 1833 die Kommunen zuständig.

Diese Schulform ist in etwa vergleichbar mit der Sekundarstufe I in Deutschland. Alle Schüler wechseln nach der Grundschule automatisch in das collège. Es geht von den Klassen sixième und cinquième (Beobachtungsstufe) über zur quatrième und troisième (Orientierungsstufe). 80 % der Schüler besuchen eines der 7 000 öffentlichen collèges. Zum Abschluss des collège erhalten die Schüler ein brevet (was der mittleren Reife entspricht). In den letzten 10 Jahren haben immer mehr Jugendliche das collège bis zum Ende besucht, obgleich Schüler, die vor Ende der Schulzeit 16 Jahre alt werden, die Schule verlassen dürfen. Das collège wurde im Rahmen der Dezentralisierung den Departements unterstellt.

Fast vier Fünftel aller Schüler setzen ihre Schullaufbahn nach dem collège an einem der 2 600 staatlichen lycées fort; 20 % besuchen ein privates Gymnasium. Das lycée dauert 3 Jahre (seconde, première und terminale) und führt zum Abitur. Der allgemeine Zweig des lycée bietet die Wahl zwischen dem literarischen Abitur (mit Schwerpunkt Literatur, Fremdsprachen und Philosophie), dem wirtschaftlichen Abitur (mit Schwerpunkt Wirtschaft, Sprachen und Mathematik) oder dem naturwissenschaftlichen Abitur (mit Schwerpunkt Mathematik, Physik, Chemie und Biologie). Der technische Zweig führt mit verschiedenen technischen und sozialen Schwerpunkten zum "technischen Abitur".

Der berufsbildende Zweig des lycée professionnel bietet eine berufsbildende Sekundarstufe II an, die nach zwei Jahren mit dem Certificat d’aptitude professionnel (CAP) bzw. dem Brevet d’études professionnelles (BEP) abschließt. Zudem gibt es die Möglichkeit, das 1985 geschaffene baccalauréat professionnel (Fachabitur) abzulegen.

Der Grund für den großen Zulauf an den lycées ist neben der demografischen Entwicklung vor allem ein zunehmendes Bildungsstreben sowie das politische Ziel, 80 % eines Jahrgangs zum Abitur zu führen. 1950 lag dieser Satz noch unter 10 % und 1980 unter 30 %, 2003 waren es bereits 80 %.

Die Gymnasien fallen in den Zuständigkeitsbereich der Regionen, die in den letzten Jahren große finanzielle Anstrengungen für deren Bau und Ausstattung unternommen haben.